Nach der Bundestagswahl 2025
Ein paar dilettantische Gedanken zu den neuen Verhältnissen im Bundestag

Beginnen wir ruhig mit einer Floskel, um uns warm zu schreiben: “Deutschland hat gewählt.”1 Bei diesem Ritual haben diesmal erstaunliche 82,5%2 der 60,5 Millionen Wahlberechtigten mitgemacht, und das trotz erschwerter Bedingungen für die gut 200.000 Auslandsdeutschen, die anscheinend oft nicht rechtzeitig ihre (Brief-)Wahlunterlagen erhielten.
Aufgrund der Wahlergebnisse gilt eine Koalition zwischen CDU, CSU und SPD als alternativlos. Gemeinsam haben sie nach aktuellem Stand3 164 + 44 + 120 = 328 von 630 Sitzen im Bundestag, also eine relativ knappe Mehrheit von 13 Plätzen — das entspricht ungefähr 52%.
Gewählt wurden diese Parteien sogar nur von 22,6% + 6% + 16,4% = 45% der Wähler, die ihre Stimme korrekt abgaben. Dieser Unterschied ergibt sich daraus, dass bei dieser Wahl dank der 5%-Hürde ungewöhnlich viele korrekt abgegebene Stimmen, nämlich 13,7% der Stimmen sich nicht in Bundestagsmandate übersetzen!
Hätten die FDP oder das BSW es in den Bundestag geschafft — was in letzterem Fall nur einen Unterschied von 0,028% der Stimmen (in absoluten Zahlen ca. 13.400) bedurft hätte (zusätzlich zu den 2.468.670, die sie offiziell erzielten) — dann hätten CDU, CSU und SPD keine Mehrheit im Bundestag. So klein ist eine GroKo heutzutage also geworden!
Die “GroKo”
Einige Beobachter kommentierten, für Friedrich Merz sei es ein Glück, dass das BSW es nicht in den Bundestag geschafft habe, denn so bedürfe er nur eines Koalitionspartners, und der sei mit der SPD gesetzt. Kurzfristig betrachtet ist es sicherlich richtig, dass eine Zweier-Koalition leichter zu verhandeln sein wird. Ob dies langfristig aber für Merz und die CDU wirklich gut ist, dessen bin ich mir nicht so sicher. Noch weniger, ob es für Deutschland gut ist.
Für CDU, CSU und SPD ergibt sich nämlich folgendes Problem: Beide Parteien können nicht mehr problemlos in die Mitte zusammenrücken, wie sie es meiner Wahrnehmung nach in den ersten GroKos unter Merkel getan haben. Die CDU und CSU verlieren Wähler an die AfD, wenn/weil sie sich zu “links” gerieren, die SPD hat jetzt schon Wähler an die Linke, ggf. auch die Grünen verloren, weil sie vor allem den jungen Wählern nicht “links” genug ist. Und beide Parteien haben außerdem das Problem, dass die Bevölkerung ihnen nicht so richtig traut, dass sie also Vertrauen zurückgewinnen müssten, indem sie tun, was sie vor der Wahl versprochen haben, wenn sie ein weiteres Absacken in den nächsten Wahlen vermeiden wollen.4
Was also wahrscheinlich passieren wird, ist, dass beide Parteien5 symbolische Siege in diesen Verhandlungen für sich reklamieren werden, und dass davon abgesehen nicht viel Veränderung stattfinden wird, worüber sich die AfD und die Linke freuen können, wenn sie es geschickt anstellen, sich offiziell darüber zu empören.
Alternativ könnte es auch passieren, dass eine der beiden Parteien sich so sehr über den Tisch ziehen lässt, dass die andere als echter Gewinner dasteht, während die andere ihre Wähler enttäuschen wird, die dann abziehen werden. Möglicherweise wird die SPD einmal mehr diesen Weg gehen.6 Bei der CDU kann ich mir dies eigentlich nicht vorstellen.
Ich vermute, dass die SPD versuchen wird, ihre eigenen “Erfolge” aus der letzten Legislatur zu verteidigen, und dabei denn eher die “Erfolge” der Grünen oder der FDP — aber hatte die Erfolge oder auch nur “Erfolge”? — geopfert werden, bspw. das Energieeffizienzgesetz. Beide Parteien können weiterhin so tun, als würden sie hart gegen illegale Migration vorgehen, ohne dies tatsächlich anpacken zu müssen. Die SPD könnte den Mindestlohn etwas anheben, die CDU dafür Gutverdiener steuerlich entlasten oder was sie sonst so tun wollen.7 Die Corona-Politik wird weiterhin nicht aufgearbeitet werden, es wird keine neue Strategie zum Umgang mit der AfD geben, auch keine neue außenpolitische Ausrichtung, weder auf mehr Frieden,8 noch auf mehr Souveränität Deutschlands.
Ob das vier Jahre lang stabil funktionieren wird, wird wahrscheinlich davon abhängen, ob die jeweilige Basis und die jeweilige Wählerschaft sich von der Symbolpolitik wird beschwichtigen lassen oder ob die Unzufriedenheit untragbar werden wird. Vielleicht auch, wie sehr es gelingen wird, mit den Grünen und der Linken gemeinsame Sache zu machen, wenn es um 2/3-Mehrheiten geht.9
Ich vermute, dass es nicht zu irregulären Neuwahlen kommen wird, außer diese werden durch ein außerplanmäßiges äußeres Ereignis ausgelöst, wie einem erneuten Finanzcrash oder einer anderen großen wirtschaftlichen oder materiellen Katastrophe.10
Die Aufgabe der Linken
Die Linken stellen sich aktuell so dar, als sei es ihnen gelungen, ihre Grabenkämpfe hinter sich zu lassen. Ich bin noch skeptisch, ob dies nicht nur ein vorübergehender Burgfrieden ist, der vom drohenden Abstieg in die Bedeutungslosigkeit ausgelöst wurde und vom unerwartet guten Ergebnis schnell wieder pulverisiert werden wird. Ich wünsche der Linken selbstverständlich, dass ich mich irre.
Ich erhoffe mir von den Linken, dass sie keine faulen Deals eingehen werden, wenn es um die 2/3 - Mehrheit im Bundestag geht, für die sie (oder die AfD) gebraucht werden — und die im Hinblick auf eine Aussetzung, Umgehung oder Reform der Schuldenbremse (also einer Verfassungsänderung) vonnöten sein könnte.
Van Aken hat sich dahingehend geäußert, dass mit ihnen keine Aufhebung der Schuldenbremse zu machen sein wird, wenn diese für Aufrüstung genutzt werden sollte. Van Aken hat zum Glück auch relativ klare Worte für die Situation in Israel/Palästina gefunden. (Wenn er sagt, dass er das Wort Apartheid nicht benutzen will, weil dann nicht mehr über die Sache, sondern über das Wort geredet würde, dann sagt er damit indirekt ja immerhin, dass der Begriff aber angemessen wäre.)
Wir werden sehen, wie sich die Linke macht, und vor allem, was sie macht. Im schlechtesten Falle würde sie sich darauf beschränken, ihren schrillen “Antifaschismus” hochzuhalten, indem sie sich hauptsächlich an der anderen Oppositionspartei abarbeitet, anstelle der Regierung.
Die Rolle der AfD
Die AfD wurde von 10.327.148 Wählern (20,8%) gültig gewählt und stellt daher im Bundestag 152 Abgeordnete. Sie ist damit eine fast doppelt so große Kraft geworden, die zweitstärkste Fraktion nach der CDU/CSU, und ungefähr so groß wie die anderen beiden Oppositionsparteien, Die Linke und Grüne, zusammen. Ihnen fehlen nur 6 Abgeordnete, um ein Viertel der Sitze zu erreichen. (Sie haben aktuell gut 24% der Sitze!)
Die AfD wird also im Grunde mit noch mehr Entschlossenheit so weiter machen können wie bisher und die anderen Parteien werden weiterhin verzweifelt versuchen, ihnen wieder Stimmen wegzunehmen. Ich denke, das wird nicht gelingen. Die AfD nirgends in Regierungsverantwortung kommen zu lassen, schützt sie sehr effektiv davor, faktische Erfolge verbuchen zu müssen. Wenn die AfD es geschickt anstellt —und sie hat bereits bewiesen, dass sie die fähigen Köpfe dazu hat — wird sie weiter wachsen und gedeihen, und vor allem in ihren Kernthemen die anderen Parteien weiterhin vor sich her treiben können.
Das ist schlecht,11 aber es ist eine Situation, die sich die Deutsche Politik so ausgesucht hat, anscheinend, weil sie kein Vertrauen in demokratische Prozesse hatte. Umgekehrt hat ein Großteil der Bevölkerung kein großes Vertrauen mehr in staatliche Institutionen, wie den Verfassungsschutz, der nicht müde wurde, vor der AfD zu warnen, wodurch er aber vor allem eins erreicht hat: seine eigene Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung zu unterminieren.
Was vielleicht damit zusammenhängt, dass der Verfassungsschutz nicht besonders unabhängig wirkt, wenn sein Chef immer auch ein Parteibuch hat und von der Regierung berufen oder abberufen werden kann, was der AfD das Narrativ auf dem Silberteller serviert, sie seien gar nicht wirklich rechtsradikal oder -extrem, sondern diese Darstellung sei schlicht politische Verfolgung seitens ihrer politischen Gegner aus den “Altparteien”.
Der Erfolg der AfD hat natürlich auch damit zu tun, dass die regierenden Parteien der letzten Jahre — CDU, SPD, Grüne und FDP — nicht geliefert haben und damit das Gefühl im Wähler hervorrufen, dass sie die Situation Deutschlands entweder nicht verbessern können oder aber nicht wollen. Da nicht zu sehen ist, warum sie nicht können sollten — Bürokratie abbauen, in Infrastruktur und Bildung investieren, Renten stabilisieren, etc. — wächst das Gefühl in der Bevölkerung, dass “die da oben” nicht im Interesse der Bürger regieren, sondern in ihrem eigenen oder dem einer anderen Macht — der Eliten? —, und dass man deshalb auch ohne rassistische Hintergedanken gut daran täte, die Alternative für Deutschland zu wählen.
Die 5% - Hürde und die 13,7% Unrepräsentierten
Mir kommt es ziemlich schlecht vor, wenn so viele Stimmen — immerhin fast 7 Millionen Menschen — ihre korrekt abgegebene Stimme nicht im Bundestag repräsentiert sehen. Es hätte ja sogar noch krasser kommen können: Wenn FDP, BSW und die Linken alle bei im Durchschnitt 4,5% gelegen hätten, was lange Zeit ja ein realistisches Szenario war, bis die Linke abging wie ein Zäpfchen, und wir dazu noch die üblichen 6-8% der Sonstigen-Stimmen gehabt hätten (starke Freie Wähler, stärkere Tierschutzpartei, Volt, oder Die Partei), dann hätten es auch schnell 20% — also ca. 10 Millionen — der Stimmen sein können, die sich nicht in Mandate übersetzen.
Und was, wenn bei der nächsten Wahl alle diese Parteien auf im Durchschnitt 4,5% kämen — und dazu noch, lasst mich diesen Witz auskosten, die SPD ebenfalls auf 4,5% fiele? Dann hätten wir ca. ein Drittel der Stimmen, die nicht im Bundestag vertreten wären. (Als ich Wahlkampf für das BSW betrieb, habe ich den Menschen, die das BSW nicht wählen wollten, geraten, dann doch wenigstens die Linke oder die FDP, je nach eigener politischer Couleur zu wählen, um diese Repräsentationslücke zu verhindern.)
Wenn eine hohe Wahlbeteiligung der Wahl eine besondere demokratische Legitimität verleiht, was immer wieder und nicht ohne Logik behauptet wird, dann müsste der Mangel an Repräsentation aufgrund einer hohen Quote der “Sonstigen” der gleichen Logik zufolge die demokratische Legitimität unterminieren. Mir scheint im Hinblick auf diese Problematik, dass die 5% - Hürde einer Reform bedarf. Mein vollkommen naiver und politisch-juristisch ungebildeter Vorschlag:
Warum sagen wir nicht: Okay, wir wollen keine Zersplitterung des Bundestags in ganz viele kleine Fraktionen, verständlich, schaut euch Belgien an… — aber nach der Wahl, können sich Parteien, die es nicht auf die 5% geschafft haben, zu einer Fraktion zusammenschließen,12 also bspw. die FDP und Volt, oder das BSW und die MLPD (kleiner Witz an die gerichtet, die Sahra Wagenknecht für eine leninistisch geprägte Marxistin halten, aber rechnerisch würde es reichen, denn die MLPD hat fast 20.000 Stimmen erzielt).
Alternativ könnte man die 5% Hürde auch abschaffen oder — wie bei der EU-Wahl — absenken. Wikipedia empfiehlt das Einrichten einer Ersatzstimme, die der Wählende bei der Wahl mit-abgibt, und die greift, wenn sein Erstwunsch es nicht ins Parlament schafft.
Nun gut, eine solche Änderung ist nicht realistisch, denn sie müsste ja von denen beschlossen werden, die davon profitieren, dass es diese Repräsentationslücke gibt, den Parteien über 5%. (So wie auch die Reform der Mandatsbesetzung und die Abschaffung der Überhangmandate nicht von der CDU umgesetzt wurde, weil diese von Überhangmandaten profitiert, weil sie so viele Wahlkreise gewinnt.)
Aber das akute Doppel-Problem bleibt bestehen und scheint mir auch nicht ganz geringfügig,
dass 13,7% der Stimmen nicht im Bundestag repräsentiert sind,13 und
wir eine Regierung haben werden, die nur 45% der Stimmen erhielt, weil daraus 52% der Sitze generiert werden; die “GroKo” wird in diesem Sinne eigentlich eine Minderheitsregierung sein.
Wie alle meine Veröffentlichungen ist selbstverständlich auch diese von Dilettantismus, Paradoxie und vermutlich auch Ideenklau (Plagiat) durchzogen, und dient mehr der Anregung zur Diskussion denn als in Stein gemeißelte Wahrheit. Ich veröffentliche auch gar nicht gerne zu politischen Themen. Allerdings schien mir meine Überlegung zur Repräsentationslücke (siehe weiter unten im Text) durch die 5% - Hürde zu klug *augenzwinker* und bisher unbesprochen, also innovativ, um sie nicht zu Papier zu bringen. Hatte ich einmal damit angefangen, empfand ich es als meine Pflicht als Deutscher *augenzwinker*, doch auch alle meine anderen Gedanken zum Ausgang dieser Wahl darzulegen. Selbstverständlich mit Fußnoten versehen.
Und selbstverständlich ist das, was hier zu lesen ist, doch nur die (hoffentlich interessante) Spitze des Eisberges meiner Gedanken zur Wahl, von denen viele mit der platonischen Aussage zusammenhängen, dass Demokratie nur in der pervertierten Form des Regierens die beste Regierungsform ist, in der eigentlich wünschenswerten Idealform aber die schlechteste (was Churchill weniger elegant durch das Wort ausgedrückt haben soll, frei übersetzt *augenzwinker*, Demokratie sei zwar ein stinkender Misthaufen, aber immerhin sei sie unser Misthaufen).
Dazu möchte ich ausnahmsweise *augenzwinker* Egon Friedell zitieren, der da anlässlich der Beschreibung Friedrichs des Großen (von Preußen), Sohn des Soldatenkönigs, über den Jochen Klepper einen großartigen Roman geschrieben hat, und gewiefter Politiker wie auch Militärstratege, den Gedanken ausführte, dieser, also Friedrich der Große, bilde “einen der beiden unvergänglichen Ruhmestitel, die sich Deutschland damals im Reiche des Geistes errungen” habe (der andere sind Bach und Händel, und damals ist das 18. Jahrhundert) — und zwar unter anderem deshalb, weil er als Regierender schlicht der fähigste Mann im Lande gewesen sei. Und Friedell kommentiert dies wie folgt in gewohnt poetischer Manier: “Zweifellos wäre es das Natürlichste, wenn allemal der Beste an der Spitze stünde, der Klügste und Wissendste, der Stärkste und Gewappneteste, das Auge, das am weitesten voraus und zurück zu blicken vermag, der leuchtende Fokus, in dem sich alle Strahlen der Welt versammeln: wenn mit einem Wort das Hirn kommandierte, wie wir das bei jedem einfachsten menschlichen Individuum sehen können! Aber dieser selbstverständliche Normalfall ist vielleicht ein dutzendmal in den uns genauer bekannten Abschnitten der Menschheitsgeschichte in die Erscheinung getreten. Ein dutzendmal in drei Jahrtausenden! Einer dieser wenigen Fälle war Friedrich der Große.” (S. 601) — Niemand — auch nicht seine unerschütterlichsten Fans, falls es sie denn gibt — würde auf die Idee kommen, den Friedrich, der uns jetzt angeht, den Merzigen, mit auch nur entfernt ähnlichen Attributen zu beschreiben.
Wobei sich zweifellos argumentieren ließe, dass Demokratien nicht seltener große Männer an die Spitze führten als andere Staatsformen, sondern im Gegenteil, häufiger. Womit wir wieder bei Churchills Ausspruch wären.
Alle in diesem Artikel erwähnten Zahlen sind ohne jegliche Gewähr. Ich leide zwar nicht gerade an Diskalkulie, habe meine Berechnungen aber nicht ausgiebig geprüft, wenn mir das Ergebnis plausibel erschien.
Ich beziehe mich auf die offiziellen Daten der Bundeswahlleiterin. Das BSW hat angekündigt zu prüfen, ob sie die Wahl juristisch anfechten wollen, es wäre also möglich, nach meinem aktuellen Wissensstand aber recht unwahrscheinlich, dass sich noch einmal etwas ändert. (1,2)
(1) Hintergrund dieser Prüfung ist einerseits das absurd knappe Scheitern an der 5% Hürde. Bei einem solch knappen Ergebnis würde wohl jede Partei juristische Möglichkeiten prüfen, was man dem BSW deshalb meines Erachtens nicht als populistisch oder Trump-artig vorwerfen sollte. Andererseits könnte es beim Auszählen oder Übertragen der Stimmen zu Verwechslungen zwischen BSW und Bündnis Deutschland gekommen sein. Zumindest ein Fall aus Aachen deutet darauf hin. Wie weitgehend solche Verwechslungen sein könnten, wird sich wohl noch herausstellen.
(2) Als Unterstützer des BSW bin ich selbstredend traurig, dass “wir” es nicht in den Bundestag geschafft haben und würde mich freuen, wenn “wir” doch noch die nötigen Stimmen legalerweise fänden. Ich bemühe mich aber, meine anderen hier geäußerten Ansichten davon nicht über Gebühr beeinflussen zu lassen. Insbesondere nehme ich davon abstand, im Haupttext dem BSW einen eigenen Abschnitt zu widmen, um es dort anzupreisen oder zu beklagen, was (und vor allem, wer) jetzt im Bundestag fehlt. Aus ähnlichen Gründen schreibe ich nicht über die Grünen. Mir ist klar geworden, dass ich als ehemaliger und enttäuschter Wähler ihnen gegenüber zu emotional bin.
Typischerweise haben die CDU und SPD in der Vergangenheit, so scheint mir, eher darauf gebaut, dass die Wähler in vier Jahren schon vergessen werden, was ihnen letztes Mal versprochen und nicht eingehalten worden ist. In manchen Kreisen wird die SPD daher nur noch die “Verräterpartei” genannt, während es in anderen oder auch den gleichen Kreisen als allgemein anerkannt gilt, dass die CDU für gar nichts stände (“das L in CDU steht für Lösungen”), außer für den eigenen Machterhalt. Ich gehöre beiden Kreisen an, bin aber tolerant gegenüber denen, die das anders sehen. So oder so scheint die Strategie aber nicht mehr so recht aufzugehen, wenn man sich die schwindenden Wahlergebnisse für CDU und SPD anschaut:
Aus Bequemlichkeit behandle ich CDU und CSU in den Kontexten, wo es nicht auf einen Unterschied zwischen ihnen ankommt, als eine Partei.
Siehe Fußnote (3). In manchen Kreisen wird bekundet, man sei eigentlich selber Sozialdemokrat im Herzen, aber die SPD könne man nicht wählen, weil sie ein Etikettenschwindel sei.
Ich habe ehrlich gesagt keine rechte Vorstellung davon, was die CDU eigentlich im Kern will. Ich unterliege dem Vorurteil, dass sie nichts anderes will, als ihren eigenen Machterhalt (siehe Fußnote (3)), würde mich über diesbezügliche Auskunft von Seiten des CDU-geneigten Lesers aber durchaus freuen.
Denn Frieden, das weiß der kluge Friedrich, findet man ja auf jedem Friedhof, und wie jeder stramme CDUler und SPDler weiß, muss Deutschland endlich wieder zurückschießen können, um unsere Freiheit und vor allem auch unsere Demokratie in anderen Ländern und auf anderen Erdteilen zu verteidigen.
Ich vermute, dass es sowohl um den SPD-Mitgliederentscheid zur Koalition als auch dann zu den Fragen nach Sondervermögen, Schuldenbremse und Aufrüstung ein riesiges Theater von Seiten der SPD geben wird, nur vermute ich auch, dass es das bleiben wird: Theater.
Oder einem echten politischen Skandal, aber die CDU ist gut darin, solche zu vermeiden. Die SPD ist auch nicht schlecht darin.
Auch wenn es aus meiner Sicht positive Aspekte hat, weil die AfD meiner Ansicht nach teilweise durchaus korrekte Haltungen vertritt — nur oft aus falschen Gründen und mit der falschen Rhetorik.
So ähnlich scheint es in der Schweiz zu funktionieren, die keine Sperrklausel hat.
Dies war im Übrigen auch in der Vergangenheit schon der Fall: 2013 flog die FDP mit 4,8% aus dem BT und die AfD verpasste den Einzug mit 4,7% — dazu kamen 6,3% Sonstige, sodass insgesamt sogar 15,8% der abgegebenen Stimmen im BT nicht repräsentiert waren. Dadurch kam eine starke CDU mit 41,5% der Stimmen auf 49% der Sitze im BT — und verpasste nur knapp die absolute Mehrheit. Wikipedia berichtet: “Somit wurden die im Parlament vertretenen Parteien von weniger als 60 % der Berechtigten gewählt, obwohl die Wahlbeteiligungmit 71,5 % um 0,72 Prozentpunkte über dem historischen Tief der letzten Bundestagswahl lag. Auch führte es dazu, dass die Unionsparteien trotz ihres Ergebnisses von etwas über 40 % eine absolute Mehrheitder Sitze nur knapp verfehlten. In der Folge wurde erneut Kritik an der Sperrklausel laut.”